Letzte Woche hatte ich das Vergnügen, Simon Bosshart, zu interviewen, der bei Schweiz Tourismus Direktor der Global Accounts sowie Direktor von Asien Pazifik ist. Seine Karriere begann bereits vor 10 Jahren, wovon er sieben Jahre allein in China verbracht hat.
Danach zog er in die Schweiz zurück, wo er sich nun niedergelassen hat, aber trotzdem immer noch häufig nach China und andere Asien Pazifik-Staaten reist, um Menschen zu inspirieren, ihren nächsten Urlaub in der Schweiz zu verbringen. Mein Interview mit Simon dauerte circa eine Stunde und es wurde deutlich, dass er eine Menge an Informationen über den chinesischen Markt besitzt und diese begeistert mit mir geteilt hat.
1. Als Direktor der Global Accounts und für Asien Pazifik, was ist Ihr Tätigkeitsbereich?
Als Direktor der Global Accounts repräsentiere ich Schweiz Tourismus als weltweit agierende Tourismusorganisation und arbeite mit anderen internationalen Anbietern wie Miki Travel, Trivago und Contiki zusammen. Als Direktor von Asien Pazifik fungiere ich als Brücke zwischen diesen Märkten und der Schweiz und vermarkte die Schweiz als Reisedestination in diesen Märkten.
2. Wie hat sich die Tourismusbranche in der Schweiz in den letzten 10 Jahren verändert?
Es hat sich auf 3 Arten verändert. Weltweit gab es einen Wachstumstrend hin zum Online-Geschäft und zu Buchungsmöglichkeiten. Dieser Trend bewegt, unterbricht die Tourismusbranche aber auch immer wieder. Vor 10 Jahren handelte es sich um eine komplette Offline-Branche mit vielen Beteiligten irgendwo dazwischen, aber nicht mehr. Jetzt ist es viel einfacher eine Reise zu buchen und es ist auch besser für die Kunden, da immer mehr Leute sich an OTAs (Online-Reise-Agenturen) wenden, um Ihre Reise zu buchen. Aber gleichzeitig verlieren viele Vermittler Kunden und das gleiche gilt für die Schweizer. OTAs fokussieren sich stark auf die Schweiz, da es ein teures Reiseland ist. Je mehr Schweizer Firmen Ihren Verbrauchern berechnen, desto mehr Provision erhalten die OTAs. Das treibt die Preise von Schweizer Tourismusprodukten in die Höhe.
Die Quellmärkte der Schweiz haben sich im letzten Jahrzehnt ebenfalls sehr stark verändert. Traditionell waren 40% der Gäste Schweizer und die restlichen 60% kamen von umliegenden Märkten wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien. Sie hatten zudem ein bestimmtes Reiseverhalten. Gewöhnlich blieben sie länger, reisten von einer zur anderen Stadt auf der Suche nach versteckten Schätzen und genossen Outdoor-Aktivitäten wie Wandern und Skifahren. Kürzlich, insbesondere in den letzten 5 Jahren, hat es eine starke Verlagerung von den umliegenden Märkten zu neuen Übersee-Märkten gegeben. Wir haben nun viel mehr amerikanische oder chinesische Gäste. China ist der viert wichtigste Markt, gefolgt von Indien und Südostasien.
Derzeit bilden die Schweizer weiterhin den größten Reisemarkt, und generieren 43% der Reisenden in der Schweiz. Hiernach folgen die Deutschen mit 12-13%. Quellmärkte aus Großbritannien, USA oder China bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau, wobei erwartet wird dass der chinesische Markt sehr schnell wachsen wird. Andere wichtige Quellmärkte sind Frankreich, Italien und die Niederlande.
(Beachten Sie, dass diese Daten auf Hotel-Übernachtungszahlen basieren und keine Übernachtungen in anderen Unterkunftsarten berücksichtigen.)
Zuletzt nahm auch die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz Einfluss auf die Veränderung in der lokalen Tourismusbranche. Der Schweizer Franken ist gegenüber dem Euro extrem stark, was es für umliegende Märkte teurer macht als jemals zuvor, in der Schweiz Urlaub zu machen. Die Tourismusindustrie ist eine Export-Industrie, d.h. es werden Produkte an die internationale Wirtschaft verkauft, um so neues Geld für die lokale Wirtschaft zu generieren. Im Gegensatz zu anderen Exporten, ist es in der Tourismusbranche nicht möglich, die Produktion auszulagern, um die Kosten zu senken. Lokalen Führern müssen lokale Löhne gezahlt werden und das macht die Produktion teuer.
3. Wie sieht ein typischer chinesischer Tourist in der Schweiz aus?
Die Chinesen sind was wir "Highlight-Kunden" nennen. Sie besichtigen bekannte Städte und berühmte Sehenswürdigkeiten. Sie bevorzugen die großen Orte und werden nicht so von verborgenen Schätzen angezogen wie die Europäer. Die Chinesen sind sehr neugierig und möchten etwas über die neue Destination erfahren. Sie sind zudem weniger aktiv wenn es um Outdoor-Sport geht.
4. Ich habe in einem früheren Interview gelesen, dass Sie aktiv den freien unabhängigen Touristen (free independent travel - FIT)* in der Schweiz bewerben. Wie hat der chinesische Markt hierauf reagiert?
Wir ändern nicht das Wesen des Reisenden, aber der chinesische Markt ist so groß, dass wir uns auf solche Nischen fokussieren können. Der Chinese reist vor allem in großen Gruppen, aufgrund von Visa-Hindernissen (es war einfacher ein Gruppen-Visum zu bekommen als ein individuelles Visum), hohen Kosten und ein Mangel an Reise-Erfahrung. Ich glaube, dass sich China viel schneller zum individuellen Reisen hinwenden wird, weil Sie keine großen Gruppen mögen. Sie präferieren, in kleinen persönlicheren Gruppen zu reisen, nicht wie die Japaner, die das Reisen in großen Gruppen mögen. Der Chinese reist gerne mit Freunden und Familie, nicht in Massengruppen von 35-40 Personen.
Wir schätzen, dass es 2015 in der Schweiz 30-35% chinesische FTI-Reisende gab. Diese Art des Reisens wird für bestimmte Destinationen anders aussehen. Zum Beispiel ist Thailand ein klassisches chinesisches Massen-Reiseland, aber nicht jede Reisedestination ist hierfür geschaffen. Einige andere Massen-Reiseländer sind Korea und Japan, Frankreich und die Vereinigten Staaten. Wir verfolgen auch, dass in der Schweiz der Prozentsatz an Individualreisenden größer wird, dank unseres unglaublich guten Verkehrssystems. In der Schweiz ist das Reisen allein zudem sehr sicher.
5. Was sind Hürden, mit denen die Reisenden in der Schweiz konfrontiert werden?
Einige waren besorgt über die Flüchtlingskrise und die Terroranschläge in Europa, aber diese Ereignisse scheinen wenig Einfluss auf den Tourismus der Schweiz zu haben. Diese Ereignisse sind schockierend, es bedeutet aber nicht, dass Europa weniger sicher ist. Außerdem gibt es in der Schweiz keine akute Gefahrenlage seitdem sich unser Land aus dem politischen Spiel heraushält.
Eine weitere Hürde ist wirtschaftlicher Natur, wie ich bereits erwähnt habe. Es ist sehr teuer in der Schweiz zu reisen.
Zudem gibt es auch ein Thema bezüglich der Visa innerhalb Europas. Dezember letzten Jahres wurde
weltweit ein biometrisches Visa-System eingeführt und jeder Reisende muss nun persönlich ein Visum an einer Visumsstelle beantragen. Für einige Reisende könnte dies sehr umständlich sein. Wenn man in einer kleinen Stadt in China lebt, kann es passieren, dass man 10 Stunden auf die Beantragung eines Visums wartet, nur um 10 Minuten wirklich mit der Beantragung zu verbringen. Das kann eine abschreckende Wirkung haben, wobei es immer noch schwierig zu sagen ist, wie schwerwiegend die Auswirkungen wirklich sind.
6. Wie können Schweizer Touren- und Aktivitätenanbieter ihre Produkte besser auf diesen neuen ausländischen Märkten verkaufen?
Die Umgebung des Tourismusgeschäfts wird von KMUs angetrieben, die nicht darauf aus sind, miteinander zusammen zu arbeiten. Aber sie müssen anfangen, zusammen zu arbeiten, ihre Leistungen bündeln und diese auf einem spezifischen Kanal verbreiten. Nehmen wir noch einmal das Beispiel vom Skifahren. Die meisten Reisenden gehen zuerst in eine Tourist-Information, um etwas über das Skifahren zu erfahren und wo sie die richtige Ausrüstung finden. Aber wie finden sie die richtige Ausrüstung? Wo erhalten Sie den besten Preis? Wenn es ihnen gelingt, dies zu klären, müssen sie nur herausfinden, welcher der unterschiedlichen Arten von Skipässe - 1 Tages-, Mehrtages-, Wochen-Pass, für sie passt. Und, wie finden Reisende, die Skifahren lernen möchten, den richtigen Lehrer?
Kunden verschwenden sehr viel Zeit damit, Informationen zu finden und Produkte und Preise zu vergleichen. Dieser Prozess kann auch unglaublich einschüchternd wirken.
Dieser ganze Prozess muss vereinfacht werden, indem man beispielweise ein "Anfänger"-Paket kreiert, bei dem unterschiedliche Firmen zusammenarbeiten. Sie sollten sich auch darauf einstellen, eine Provision an Ihre Vermittler zu zahlen. Viele Anbieter sind B2C getrieben und denken, Provision zu zahlen, sei Verschwendung, aber, wenn man die ausländischen Märkte ansprechen möchte, muss man dies akzeptieren.
7. Denken Sie, es besteht die Notwendigkeit für Schweizer Unternehmen online zu agieren? Warum oder warum nicht?
Ehrlich gesagt denke ich, dass sie mit TrekkSoft zusammenarbeiten sollten. TrekkSoft ist die perfekte Lösung in der Schweiz, die auf KMUs abzielt. Für kleine Unternehmer sollte es hierzu eine einfache Möglichkeit geben und TrekkSoft bietet diese. Zusätzlich müssten Anbieter online agieren und die richtigen Vertriebskanäle hierfür finden.
Auf nationaler Evene sollte es eine einzige Plattform geben, auf der sich internationale Gäste über alle Arten von Touren und Aktivitäten informieren können. Der Prozess, wie Kunden suchen, passende Ergebnisse finden und eine Tour oder Aktivität buchen, sollte so einfach wie möglich gestaltet sein.
8. Wie sieht ein gewöhnlicher Tag bei Ihnen aus?
Es gibt keine gewöhnlichen Tage. Ich reise sehr viel und somit bin ich selten in Zürich. Ich reise jeden Monat. Gerade erst bin ich aus Australien zurückgekommen. Ich verbringe 30-40% auf der Straße, sei es international oder rund um die Schweiz. Ich liebe es, zu reisen und bin froh, dass es Teil meiner Arbeit ist.
9. Wie gehen Sie mit dem Jetlag um?
Ich bekomme keinen. Es gibt eine Technik, die man trainieren kann. Man stellt sich auf die neue Zeitzone ein, sobald man ins Flugzeug steigt. Ich versuche auch, gesund zu essen und regelmäßig zu schlafen, das hilft sehr viel.
10. Wenn wir übers Reisen sprechen, was ist Ihr Lieblingsort in der Schweiz?
Durch die Arbeit bei einer nationalen Tourismusorganisation habe ich festgestellt, dass wir so viel Vielfalt vorweisen und dass alles per Zug erreichbar ist. Von schneebedeckten Bergen zu Seen, man kann alles in einem Tag erleben. Ich liebe die Weinberge der Region des Genfer Sees und die hohen Berge nähe Bern.
Ich liebe es, Tagestrips in der Schweiz zu unternehmen, ich bin wie ein Tourist in meinem eigenen Land.
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