Unser Tourismus Trend Bericht 2018 beinhaltet ein ausführliches Kapitel zum Thema Nachhaltigkeit und die Herausforderungen der Branche angesichts der Ereignisse im Sommer 2017. Hierin betonen wir die Notwendigkeit, dass Regierungen, Destinationen und Kooperationen dem "Normalbürger" eine Stimme geben - Menschen, die alltäglich Kontakt zu Touristen haben, sei es, dass sie sie durch die Stadt führen, ihnen helfen, wenn sie nicht wissen, wo sie sind, ihnen eine Unterkunft stellen und vieles mehr.
Den "Normalbürger" einbeziehen für eine bessere Planung der wachsenden Nachfrage
Auf dem UNWTO & WTM Gipfeltreffen 2017 in London wurde diskutiert, dass für die Organisation der Olympischen Spiele und Paralympics 2020 die japanische Regierung sich Big Data zunutze gemacht hat, um das Reiseverhalten in beliebten Destinationen wie Tokyo, Kyoto und Osaka besser zu verstehen. Diese Einblicke sollen nun dafür genutzt werden, sich optimal auf die wachsende Nachfrage vorzubereiten.
In einem Bericht von McKinsey, der sich auf Japans Pläne der zukünftigen Organisation der Nachfrage bezieht, werden zwei Probleme hervorgehoben, mit denen man sich auseinander setzen sollte, damit Overtourism in den größeren japanischen Destinationen erst gar nicht zum Problem wird.
Zum einen fehlt es an Wissen über das touristische Vermögen Japans, selbst unter Wiederholungsbesuchern. Der Bericht zeigt, dass nur 11% der Wiederholungsbesucher Japans weniger urbane Destinationen kennen, und unter den Asiatischen Touristen (Japans größtem Incoming-Markt) sogar weniger als 10%.
Ein weiteres Problem ist die begrenzte Dienstleistungsorientierung in lokalen Regionen. Es findet wenig Differenzierung zwischen den Tourismus-Standbeinen, Natur, Strand, Entertainment und Shopping, statt. Zudem gibt es kaum Marketing-Aktivitäten für weniger bekannte Destinationen, eine fehlende Infrastruktur und geringe Englischkenntnisse. Gleichzeitig fehlt es an Ressourcen und Kapazitäten, um weniger bekannte Destinationen genau in diesen fehlenden Punkten zu unterstützen.
Was hier benötigt wird, sind öffentliche und staatliche Partnerschaften, die zum Wachstum weniger bekannter Destinationen beitragen und die Customer Journey verbessern.
Was können Touren- und Aktivitäten-Anbieter hiervon lernen?
Was kannst du tun, wenn dir eine ähnliche Entwicklung in deiner Region auffallen sollte: zu viele Touristen in der Hauptsaison und nur wenige während des restlichen Jahres; bekannte Destinationen auf lokaler Ebene, aber Touristen, die von diesen Orten noch nie gehört haben; eine Fülle von Möglichkeiten für lokale Gemeinden zu profitieren, aber die Effekte setzen nicht ein. Also, was kannst du, abhängig von Zeit, Wissen und Ressourcen, tun?
- Solltest du deinen Standort außerhalb eines Touristen Hotspots haben, könntest du mit Hotels und Hostels von stark frequentierten Destinationen zusammenarbeiten und deine Aktivitäten vermarkten.
- Du könntest extra Touren erstellen, mit denen du Reisende in deine Region lockst.
- Sollte es ein Problem mit dem Transport oder der Verbindung geben, schreibe beispielsweise einen Blogeintrag oder eine Wegbeschreibung, wie Reisende zu dir finden. Vielleicht kennst du eine Autovermietung oder einen Shuttle-Service, die du Gästen empfehlen kannst, die es gerne etwas abenteuerlustiger mögen und viel auf eigene Faust unternehmen.
- Du könntest in deinen Touren und Aktivitäten auch auf die sozialen Aspekte und Probleme deiner Region hinweisen, um Gäste stärker in ihrer Wahrnehmung zu schulen.
- Werde kreativ und fokussiere dich stärker auf die besonderen Erlebnisse deiner Destination und wie du sie für dein Marketing und Branding nutzen kannst.
Leseempfehlung: Destination Marketing Handbuch für DMOs, DMCs und Tourist-Informationen
Erfolgsgeschichten aus Griechenland: Verteilung der Nachfrage über das ganze Jahr
Griechenland vermarktet sich selbst erfolgreich als Ganzjahres-Destination, um die Hochsaison zu verlängern und die Nachfrage über alle Sommermonate besser zu verteilen. Der Minister berichtete, wie viel Mühen es gekostet hat, die lokalen Unterkunftsanbieter davon zu überzeugen, ganzjährig offen zu haben, während der regionale Tourismusverband mit lokalen Anbietern daran arbeitete, Produkte zu erstellen, die nicht von der Sommersaison abhängig sind.
Erfolgsgeschichten von Fjord Norway: Die Nachfrage auf kleinere Städte und weniger beliebte Destinationen ausweiten
Bei unserem Partner Fjord Norway haben wir einen ähnlichen Fürsprecher gefunden. Die Destination hat erkannt, dass durch die Hochsaison die lokale Bevölkerung unter Druck gesetzt wurde und hat eng mit lokalen Anbietern zusammengearbeitet, um mehr Besucher für die Wintermonate, wenn die Region ideal für Wintersport-Aktivitäten geeignet ist, zu begeistern. Hierzu wurde ein Anbieter-Netzwerk aufgebaut und so Anbieter aus der Umgebung miteinander in Kontakt gebracht. Hintergrund dieser Aktion war, dass Reisende, wenn sie sich auf der Fjord Norway-Webseite inspirieren lassen, bewusst über die unterschiedlichen Erlebnisse in der ganzen Region informiert werden sollen. Diese Verbindungsmöglichkeit verknüpft jeden einzelnen Anbieter mit den anderen und ermöglicht ihnen über Cross-Selling die Angebote gegenseitig zu vermarkten und ansprechende Pakete zu verkaufen.
Einblicke von Wouter Geerts, Senior Research Analyst bei Euromonitor International
Meine Kollegin Nicole hat sich mit Wouter Geerts, Senior Research Analyst bei Euromonitor, unterhalten. Er hat deutlich gemacht, dass es sich für Touren- und Aktivitäten-Anbieter immer noch schwierig gestaltet, weltweit involviert zu werden, da der Touren- und Aktivitäten-Markt stark fragmentiert und "hyperlokal" ist.
Lokale Anbieter haben die Möglichkeit, das Bild ihrer Destination selbst zu formen und zu beeinflussen. Umgekehrt gilt aber auch - "Nur ein fauler Apfel kann der Region enormen Schaden zufügen, auch wenn alle anderen Anbieter einem Code of Conduct der Nachhaltigkeit folgen."
Bei Destinationen, die keine Destination Management Organisation in der Funktion als Koordinator vorsitzend haben, ist es den lokalen Anbietern überlassen, sich der Herausforderung zu stellen. Somit ist es die Aufgabe der Unternehmen, schwarze Schafe zur Besserung zu ermahnen und sich gegenseitig zu motivieren, nachhaltiger zu agieren. Die Zukunft der Nachhaltigkeit ist eine Volksbewegung und mit Einsatz von Technologie tut man sich hier um einiges einfacher.
Es gibt keine Universalmethode, die für jede Destination Sinn macht und befolgt werden kann. Jede Destination und jeder Anbieter muss sich die Frage stellen, welcher Weg der richtige ist und wie er sich den Anforderungen der Nachhaltigkeit am besten stellen kann.
Zum Abschluss wollen wir uns auf die Worte von Anna Pollock, Gründerin von Conscious Travel, berufen: “Tourismus ist ein extraktives System, das Platz und Geduld erfordert. Beides ist endlich - wenn auch subjektiv betrachtet. Einfach zu fühlen, wenn man Herz und Seele nutzt; äußerst schwierig, es zu quantifizieren!”
Erfahre mehr über Nachhaltigkeit und Overtourism in unserem Tourismus Trend Report 2018.